Hilfe in Not ist kein Verbrechen!

Pressemitteilung des Präsidiums der Schweizer Bischofskonferenz

Es gehört zum Grundauftrag der Kirchen, Menschen in Not zu helfen.

Diese Hilfe geht weiter als Schutz und Hilfe von Rechts wegen. In der jüngeren Vergangenheit wurden jedoch Menschen verurteilt, weil sie Menschen in Not – unabhängig von ihrem rechtlichen Aufenthaltsstatus – Schutz und Unterstützung gewährt haben. Das Präsidium der Schweizer Bischofskonferenz verfolgt mit Sorge die zunehmende strafrechtliche Verfolgung von Menschen, die anderen Menschen in Not helfen, und unterstützt die Parlamentarische Initiative 18.461 «Solidarität nicht mehr kriminalisieren», die in Kürze in den eidgenössischen Räten behandelt wird.

Die verschärfte Asylpraxis der letzten Jahre drängt immer mehr Asylsuchende und Flüchtlinge in die Nothilfe. Die Schweiz verweigert ihnen damit den Zugang zu Ausbildungs- und Integrationsangeboten, zum Arbeitsmarkt und zu einem würdigen Leben jenseits von Armut, Unterdrückung und kriegerischen Konflikten. In dieser Not sind die Kirchen eine wichtige Anlaufstelle. Sie bieten Menschen in Not grundlegende Hilfestellungen an und begleiten sie auf ihrem schwierigen Weg. Auch Pfarreien und Einzelpersonen versuchen, diese Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen. Es spielt dabei keine Rolle, welchen aufenthaltsrechtlichen Status die Hilfesuchenden haben. Kirchliches Handeln orientiert sich an der konkreten Notsituation, in der sich Hilfesuchende befinden, und nicht am rechtlichen Aufenthaltsstatus.

Nach Artikel 116 Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) macht sich strafbar, wer den rechtswidrigen Aufenthalt einer Ausländerin oder eines Ausländers fördert. In letzter Zeit war zu beobachten, dass bereits Unterstützung oder Unterbringung genügten, um vor Gericht gestellt zu werden. Die Hilfeleistungen erfolgten dabei ausnahmslos aus achtenswerten Gründen.

Zwischen Recht und Gesetz einerseits und Gerechtigkeit andererseits bleibt letztlich immer eine unauflösbare Spannung. In der über Jahrhunderte bewährten Praxis des Kirchenasyls kommt diese Spannung ebenfalls zum Ausdruck. Der Auftrag der Kirche erschöpft sich nicht in der Befolgung des Gesetzes. Ihr Auftrag ist es, Arme, Geflüchtete und Ausgestossene zu begleiten und Heimatlosen eine Heimat zu geben – unabhängig von deren aufenthaltsrechtlichem Status.

Das Präsidium der Schweizer Bischofskonferenz unterstützt deshalb die Parlamentarische Initiative «Solidarität nicht mehr kriminalisieren», so dass sich Personen, die aus achtenswerten Gründen Hilfe leisten, nicht mehr strafbar machen. Die praktizierte Solidarität mit Menschen in Not braucht Schutz und Unterstützung.

Fribourg, 5.11.2019

Hilfe in Not ist kein Verbrechen!