Für die Sonntagsruhe als Unterbrechung des übermächtigen Kreislaufs von Arbeit und Kommerz

Arbeit, Leistung und Konsum sind nicht das Mass aller Dinge. Der Sonntag als allgemeiner Ruhetag, als bewusster Unterbruch des wöchentlichen Arbeitsrhythmus hat sich bewährt. Deshalb wendet sich Justitia et Pax gegen eine schrittweise Abschaffung des Verbots der Sonntagsarbeit. Auch die beiden grossen Landeskirchen, Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund (SEK) und die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) teilen die Sorge um die Aushöhlung des Sonntags als Ruhe- und Feiertag.

Keine Gesellschaft lebt nur von den Früchten von Arbeit und Kommerz. Auch der moderne Staat lebt von Quellen, die er selbst nicht zur Verfügung stellen kann. So sind der soziale Zusammenhalt und gesellschaftliche Wertfundamente nicht Ergebnis staatlicher Vorschriften sondern vielfältiger sozialer Bezüge und Erfahrungen. Dafür braucht es Raum und Unterstützung. Das Verbot der Sonntagsarbeit stützt Familien in ihrer Erziehungsarbeit, ermöglicht sinnvolle Arbeit für Vereine und andere Gruppierungen und bietet den gesellschaftlichen Rahmen für die Kirchen, an einem Tag in der Woche mit allen gemeinsam Gottesdienst zu feiern und religiöses Engagement in den Mittelpunkt zu stellen.

Natürlich sind gewisse Arbeiten am Sonntag notwendig, sie sollen aber die Ausnahme bleiben. Es geht auch nicht darum, das „Rad zurück zu drehen“, sondern eine kulturelle Errungenschaft zu retten, die sich sowohl menschlich als auch wirtschaftlich als sinnvoll erwiesen hat. Nahezu alle Kulturen kennen einen solchen Tag des Unterbruchs. Offensichtlich haben die Menschen darin ein menschliches Mass gefunden, damit nicht Arbeit, Leistung und Kommerz zum Mass aller Dinge werden. Die Christen haben mit dem Sonntag den Sabbat der Juden übernommen. Der Sabbat erinnert an das Ruhen Gottes am siebten Tag der Schöpfungswoche. Vermutlich steckt bereits hinter dem göttlichen Gebot der Sabbat-Ruhe die Erfahrung, dass der Mensch nicht ununterbrochen arbeiten kann und einen gemeinsamen Tag der Ruhe und Erholung braucht.

Auf unsere heutige Zeit übertragen heisst dies, dass die Unterordnung aller Lebensbereiche unter die Erfordernisse der Wirtschaft dem Menschen letztlich nicht dienlich sein kann. Der gemeinsame Sonntag gibt Kraft für neue Aufgaben und stellt den Beginn einer neuen Arbeitswoche dar. Selbst ökonomisch gedacht ist der Sonntag somit wichtig für die Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit. Es macht eben doch einen Unterschied, ob alle am Montagmorgen erholt zur Arbeit erscheinen oder ob alle ihren individuellen „Sonntag“ an unterschiedlichen Tagen pflegen. Die zahlreichen Hinweise auf eine zunehmende Überforderung des Einzelnen im Arbeitsleben deuten auch darauf hin, dass ein allgemeiner Ruhetag wichtig ist und vielleicht immer wichtiger wird.

Und schliesslich geht es um die Frage, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft zusammen leben wollen. Die zunehmende Ökonomisierung unserer Lebenswelt führt nämlich auch in eine zunehmende Atomisierung unserer Gesellschaft. Jede und jeder Einzelne lebt ihren/seinen eigenen „Wochenrhythmus“. Wenn die freien Tage unterschiedlich über die Woche verteilt sind, wird die gemeinsame Zeit mit anderen zur Mangelware. Es wird zusehends schwieriger, selbst am Sonntag mit anderen etwas gemeinsam zu planen. Das Gemeinschaftliche, die Zeit in der Familie, mit dem Freundeskreis und auch im Verein muss immer mehr geplant werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich spontane Gelegenheiten ergeben für eine gemeinsame Unternehmung, nimmt immer mehr ab. Dadurch zerfallen, angefangen bei der Familie, zunehmend mehr gesellschaftliche Strukturen, zum Nachteil aller und der Gesellschaft. Es braucht nicht viel Phantasie um zu erkennen, dass noch mehr Menschen unter dieser Vereinsamung leiden werden.

Aus diesen genannten Gründen unterstützen die Kirchen die Zielsetzung des Referendums der Gewerkschaften gegen eine schrittweise Aufhebung des Verbots der Sonntagsarbeit!

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